Normenkontrollrat weist EEG zurück

Normenkontrollrat weist EEG zurück

23.04.2014

Der Nationale Normenkontrollrat der Bundesrepublik (NKR) weist das EEG unerwartet deutlich als nicht genug begründet an das BMWi zurück. Zitat: "Die EEG-Novelle gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. ... Mit Blick auf den vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (Stand 28. März 2014) stellt der Normenkontrollrat fest, dass die Anforderungen an eine hinreichende Abschätzung und Darstellung der Gesetzesfolgen entsprechend den Bestimmungen des NKR-Gesetzes nicht erfüllt sind."

Der NKR kritisiert vor allem:

  • die fehlende Darstellung der Kostenfolgen des EEG,
  • die unbegründete Nicht-Berücksichtigung relevanter Studien
  • fehlendes technologieneutrales Förderungssystem

Der NKR findet für das von Sigmar Gabriel dem Parlament vorgelegte Gesetz deutliche Worte: "... in keiner Weise hinreichend." 

Diese Einschätzung teilen viele NGO, viele Mitglieder der Fraktionen CDU, CSU, SPD und der Grünen sowie auch wir. Bereits vor Wochen haben wir an dieser Stelle auf die mangelde Einbeziehung der EEG-Leitstudien hingewiesen sowie auf gravierende wissenschaftliche Mängel der benutzten Studien des SRU. Für viele Befürworter der Energiewende steht fest: dieser Gesetzentwurf ist mit heisser Nadel gestrickt und legt nicht Hand an die grundlegenden Probleme des EEG - z.B. das Kostenparadoxon. Geregelt wird v.a. eine weitergehene Befreiung der energieintensiven Industrie zulasten der anderen Stromverbraucher.

Die entscheidende - von Sigmar Gabriel aufgestellte These - wird mit diesem Gesetzentwurf nicht beantwortet: wie soll die Energiewende kostengünstiger stattfinden? Befürwortern der Energiewende drängt sich der Eindruck auf, dass durch die eingeleiteten Maßnahmen ein weiterer Ausbau der Erneuerbaren Energien subtil verhindert werden soll.

Wir fragen uns: wie können sich Parlamentarier mit einer 324-seitigen Gesetzesvorlage, die laut NKR völlig unzureichend begründet ist und keine Aussagen zu Kosten macht, die das Grundproblem der Energiewende nicht aufgreift und die in einer 5-tägigen Verbändeanhörung durchgepeitscht wird, auf eine der wichtigsten Weichenstellungen der BRD vorbereiten? Die Antwort ist erschreckend einfach: gar nicht. 

Unser Fazit: Die Stellungnahme des Normenkontrollrat ist eine deutliche "Watschn" (Ohrfeige) für Sigmar Gabriel und seinen Staatssekretär Rainer Baake. Das EEG sollte nochmals unter Einbeziehung aller vorhandenen Studien überarbeitet werden. Das würde Transparenz und Vertrauen in die Energiewende sowie in die politischen Prozesse der Bundesrepublik Deutschland schaffen. Dies ist aus unserer Sicht hinsichtlich des Erneuerbare-Energien-Gesetzes nicht gegeben.


Quellen:

Link zur Bundesrat Drucksache 157/14 zum Entwurf des EEG 

Homepage des Bundesrat Drucksache 157/14 zum Entwurf des EEG 

Download der Datei Bundesrat Drucksache 157/14 Normenkontrollrat zum Entwurf des EEG 


Der Text der Drucksache 157/14 in voller Länge:

Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz: Neuregelung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Anlagenregister- Verordnung (NKR-Nr.: 2814)

Der Nationale Normenkontrollrat hat den gesetzlichen Auftrag zu prüfen, ob in den Ausführungen zu einem Regelungsentwurf der Bundesregierung die erwarteten Kostenfolgen sowie relevante Regelungsalternativen und Evaluierungserwägungen methodengerecht und nachvollziehbar dargestellt wurden.

Mit Blick auf den vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Erneuerbare- Energien-Gesetzes (Stand 28. März 2014) stellt der Normenkontrollrat fest, dass die Anforderungen an eine hinreichende Abschätzung und Darstellung der Gesetzesfolgen entsprechend den Bestimmungen des NKR-Gesetzes nicht erfüllt sind.

 

Die bisherigen Ausführungen zum Gesetzentwurf enthalten weder eine Abschätzung der mit der EEG-Novelle einhergehenden Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand noch auf die Weiteren Kosten wie die Strompreise und die EEG-Umlage.

Bezüglich relevanter Regelungsalternativen – z. B. die vom Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung empfohlene technologieneutrale Förderung erneuerbarer Energien – weist der Entwurf lediglich darauf hin, dass diese geprüft und verworfen wurden. Eine methodengerechte und nachvollziehbare Darstellung im Hinblick auf ihre Kostenfolgen sowie Benennung wesentlicher Gründe für ihre Nichtberücksichtigung liegt nicht vor.

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf werden zentrale Weichen für die zukünftige Ausgestaltung und damit auch für das Gelingen der Energiewende gestellt. Die EEG- Novelle gehört ohne Zweifel zu den wichtigsten Vorhaben der Bundesregierung in dieser Legislaturperiode. Der Normenkontrollrat hat daher am 24. März 2014 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 NKR-Gesetz eine eigene Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchgeführt. Sowohl in der Anhörung als auch in den Stellungnahmen von Ländern und Verbänden ist deutlich geworden, dass das Regelungsvorhaben erhebliche Auswirkungen auf die Kostenfolgen hat. Dies gilt in besonderem Maße für die Entwicklung der Strompreise aber auch für den Erfüllungsaufwand.

 

Fazit:

Mit Blick auf die Bedeutung des Vorhabens fehlt dem Gesetzgeber durch die fehlende Darstellung der Kostenfolgen und der Regelungsalternativen eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Der Rat macht zu den Ausführungen zum Gesetzentwurf im Rahmen seines Mandats grundsätzliche Bedenken geltend, weil den Anforderungen des NKR-Gesetzes zur Gesetzesfolgenabschätzung und Alternativenprüfung nicht entsprochen wird.

Der Normenkontrollrat fordert den Bundesminister für Wirtschaft und Energie auf, die fehlenden Angaben zu Kostenfolgen sowie zur Alternativendarstellung und -bewertung zum frühestmöglichen Zeitpunkt dem Normenkontrollrat vorzulegen und in das parlamentarische Gesetzgebungsverfahren einzubringen.

Im Einzelnen:

Mit dem vorliegenden Regelungsvorhaben wird das Erneuerbare-Energien-Gesetz grundlegend novelliert. Wesentliche Ziele des Gesetzes sind:

  • die stetige Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien. Bis zum Jahr 2050 sollen erneuerbare Energien 80 Prozent des deutschen Bruttostromverbrauchs decken;

  • die Durchbrechung der Kostendynamik der vergangenen Jahre und damit die Begrenzung des Anstiegs der Kosten für Stromverbraucher;

  • Planungssicherheit für alle Akteure der Energiewirtschaft,

  • stärkere Integration erneuerbarer Energien in den Strommarkt.

    Zur Erreichung dieser Ziele sieht der Gesetzentwurf eine Reihe neuer Steuerungs- und Förderungsinstrumente vor. Teilweise werden bestehende Instrumente modifiziert oder erweitert. Sowohl die Stellungnahmen von Ländern und Verbänden als auch die vom NKR durchgeführte Anhörung verdeutlichen, dass die mit der Novelle vorgenommenen Änderungen nicht unerhebliche Auswirkungen auf den Erfüllungsaufwand und die Weiteren Kosten wie die Strompreise und die EEG-Umlage haben.
  • Das Ressort hat bisher nur die Kostenfolgen der Anlagenregisterverordnung dargestellt. Danach führt die Einführung des Registers für die Wirtschaft zu einem Erfüllungsaufwand von jährlich 450.000 Euro und einmalig 4.000 Euro. Für Bürgerinnen und Bürger hat das Regelungsvorhaben insofern Auswirkungen, als dass die Anlagenregisterverordnung auch eine Registrierungspflicht für Anlagen vorsieht, für deren Strom kein Anspruch auf finanzielle Förderung besteht. Den daraus resultierenden Erfüllungsaufwand privater Anlagenbetreiber – und in diesem Sinne für Bürgerinnen und Bürger – hat das Ressort nicht separat ausgewiesen. Für die Verwaltung führt das Regelungsvorhaben nach Angaben des Ressorts zu jährlichen Mehrkosten von 985.000 Euro sowie einem einmaligen Erfüllungsaufwand von 933.000 Euro.

 

Eine Darstellung der Kostenfolgen aller weiteren Änderungen, die mit der Novelle einhergehen, liegt sowohl mit Blick auf den Erfüllungsaufwand als auch die Weiteren Kosten nicht vor. Hierzu zählen insbesondere die Auswirkungen:

  • des in § 3 festgelegten Ausbaupfades,

  • der Einführung der verpflichtenden Direktvermarktung,

  • des Ausschreibungsmodells als neues Förderinstrument,

  • der Einbeziehung von eigenverbrauchtem Strom in die EEG-Umlage,

  • der geänderten Degressionsregeln und der Erweiterung des „Atmenden Deckels“

    sowie

  • der Änderungen der Besonderen Ausgleichsregelung.

     

    Bezüglich relevanter Regelungsalternativen stellt das Ressort in den Ausführungen zum Gesetzentwurf dar, dass die Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien kostengünstiger erreicht werden. Dies sei auch Ergebnis der verschiedenen Studien, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem EEG-Erfahrungsbericht vergeben hat. Weitergehende Alternativen – z. B. die Einführung eines Quotenmodells oder eine technologieneutrale Förderung – seien geprüft, aber gerade im Hinblick auf die Ziele und Grundsätze des Gesetzes verworfen worden.

    Der Normenkontrollrat stellt zur Darstellung der Alternativen zunächst fest, dass ohne eine hinreichende Darstellung der o. g. Kostenfolgen bisher nicht nachvollziehbar ist, ob mit der vorliegenden EEG-Novelle die Ausbauziele kostengünstiger erreicht werden. Zudem liegen dem NKR bisher keine Ergebnisse zum Erfahrungsbericht bzw. den dem Bericht zugrunde liegenden Studien vor.

    In der Diskussion zur Reform des EEG wird auch die Umstellung auf ein technologieneutrales Förderungssystem empfohlen. So spricht sich u. a. der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung für diese weitergehende Alternative aus. Mit Blick auf die vom Sachverständigenrat zur Diskussion gestellten Einspareffekte in einer Größenordnung von 50 Mrd. Euro sind die Ausführungen im Gesetzentwurf zu dieser weitergehenden Alternative aus Sicht des Rates in keiner Weise hinreichend. Der Rat hält eine methodengerechte und nachvollziehbare Darstellung im Blick auf die Kostenfolgen sowie eine umfassendere Benennung wesentlicher Gründe für die Nichtberücksichtigung dieser Alternative für erforderlich.